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Ruhrpott Rodeo 2025 – Teil 3

Die Knochen schmerzen, Lungen und Ohren pfeifen und langsam bricht er an… der Festival Sonntag auf dem Campingplatz. Das Bier im Camp ist schon lange lange aus. Die Gesichter blass, die Augen leicht trüb unterlaufen und die Gespräche an diesem Morgen vielleicht etwas zu „bemüht“.

Der Gedanke an den bereits erwähnten Marathon ist zunächst in die Ferne gerückt. Zum Glück ist es dann doch mal 12:30 Uhr und somit Einlass auf dem Infield. Alle durstigen Biertrinker aus unserem Camp machen sich pünktlich auf zum Eingang…

Kaum haben wir das erste Bier drin, beginnt ein unangenehmer Regen, der die nächsten 6-8 Stunden fast durchgehend anhalten sollte. Ich bin vorbereitet und hab meine „wunderschöne rote Regenjacke“ an, die mir schon gestern Abend gute Dienste erwiesen hat. Um Schönheit geht es hier eh schon lange nicht mehr. Heute ist nur noch überleben angesagt. Womit schafft man das. Richtig!! Mit noch mehr Bier. Also nochmal neue Marken geholt und: „GIB IHM“!

Ruhrpott Rodeo 2025 – Teil 3

LiLo: Bei mir gehts heute auch um nix mehr. Ich lieg gemütlich im Caddy, Regen trommelt aufs Dach und ich lese ein bisschen. In einer kurzen Regenpause koch ich mir einen Eimer Kaffee und dann gibts ein anständiges Frühstück. Aber wir sind ja nicht zum Spaß hier. Ja geil, die Drecks-Regenjacke krieg ich nicht zu, wenn ich meinen Pulli anhab. Naja, was solls, dann lass´ mas offen. Mit sehr guter Laune und einer „Sicherheits-Halbe“ (ein kühles Dosenbier 0,5 l) ausgestattet, stapfe ich los. Ich freu mich voll auf das Programm heute!

Sega: Wir kommen heute auch etwas später beim Festival an, da wir den Sonntag erst einmal ruhiger angegangen sind. Morgens sah es in Dorsten gar nicht so schlecht aus, allerdings war die Wettervorhersage nicht so toll. Bei der Einfahrt zum Festival war gegen 13:30 Uhr schon reger Abreisebetrieb bei stetigem Nieselregen. Wir haben uns erst einmal mit Bargeld und Getränkemarken versorgt und auf dem Infield haben die Liedermacher-Monster das Publikum bereits voll in ihren Fängen. Es wird gesungen und gelacht und man spürt, dass sich die Crowd den Tag durch den Regen nicht versauen lassen wird. Wir begeben uns aber gleich zur kleinen Bühne, denn ich will auf jeden Fall The Drowns sehen, von vorne. Die laufen schon eine ganze Weile auf und ab bei mir, deshalb ist der Live-Auftritt Pflicht. Aus mehreren Quellen erfahre ich, dass wir den – anscheinend fantastischen – Auftritt der Flags verpasst haben. Erzähl mal Finn:

The Red Flags

Den Start heute machen auf der Rodeo Stage vier Damen aus Köln. Eine Newcomer Punk Band, deren erstes Album „Made of Glass“ am 30. Mai 2025 erschien. Durch eine wunderbare Fügung findet Drummerin Mika den Weg zu einer Aufzeichnung von Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“, welche letzten Endes zu einem Auftritt der Band bei Rock am Ring führt. Der Auftritt glückt und The Red Flags bekommen einen Gutschein für eine Aufnahmesession im Studio.

Heute ist das Publikum aufgrund des Wetters und der frühen Uhrzeit etwas dezimiert bzw. „ramponiert“. Die Leute die da sind, erfreuen sich aber am frischen schnellen Sound. Dieser wird durch die verzerrten Gitarren teilweise richtig schön „grungig“. Die englischen Texte werden mal sehr melodiös gesungen, manchmal aber auch in alter Punktradition ins Mikrofon gerotzt. Einen kleinen Pit gibts auch und dass der Regenvorhang immer dichter wird, wird jetzt mal so hingenommen.

Monsters of Liedermaching

Nun geht es zur Ruhrpott Bühne für eine Formation aus sechs Songwritern, die in zahlreichen Projekten tätig sind: Da haben wir Peer Jensen alias Pensen Paletti und Jan Labinski alias Labörnski , die auch als „Frische Mische“ gemeinsam auftreten. Pensen hat zudem mit seinem Freund Florian noch die Punk Band „Das Pack“.

Dann ist da Jens Burger, auch als Sänger der Punkband „Die Schröders“ bekannt. Weiter gehts mit Rüdiger Bierhorst, er ist Teil des Duos „PanneBierhorst“, sowie solo unterwegs. Schließlich haben wir noch Frederik Timm alias Fred Timm, er spielte bei „Norbert und die Feiglinge“ und Torsten Kühn, der auch bei „Muschikoffer“ oder „Unsere kleine Band“ aktiv ist.

2003 beim Rockspektakel spielten sie zum ersten Mal mehr oder weniger spontan zusammen und der Auftritt kam gut an. Das Konzept ist relativ einfach. Jeder spielt was von seinem Material, ab und zu performen alle zusammen. Aufgrund der ganzen aufgezählten Bands können sie aus einem sehr großen Repertoire schöpfen.

Aufgelockert wird das Ganze dadurch, dass die Herren stets zu sehr spaßigen Zwischenansagen in der Lage sind. Die Liedtexte sind meistens ironisch und lustig gehalten. Es geht viel um Alkohol, Lebensstil und manchmal handeln sie ein bisschen von der Liebe. Einen Vergleich zu anderen tollen Songwritern wie Götz Widmann sehe ich besonders in Sachen Humor als durchaus angebracht.

Mit „Cola Korn“ wird eine – selbst für mich als „Stadtmensch“ – ziemlich rührende Hymne auf die Dorfheimat gesungen. Pensen besingt seinen etwas „schwierigen“ Lebensstil mit „Ich hab mich nicht so gut ernährt in letzter Zeit“. Das ist übrigens im Original ein Song von „Das Pack“. Alles vorgetragen auf diese trockene norddeutsche Art, mit der ich in Hamburg groß geworden bin.

Zwischendurch wird uns immer wieder vollmundig angekündigt, der Regen würde von ihnen förmlich davongesungen werden! … Klappt aber bisher nicht so ganz. Aber zumindest bildet man sich ein (möchte man sich einbilden), dass der Himmel nach dieser wunderbaren halben Stunde „leicht aufgeklart ist“.

The Drowns

Weiter geht es auf der Rodeo Stage mit kraftvollem Punk Rock aus Seattle. Im Jahr 2018 erschien das erste Album der Drowns mit den klangvollen Namen „View from the Botton“. Die Combo kommt gemeinsam auf über 40 Jahre Punkrock-Erfahrung. Sie spielten bereits in Bands wie Success, The Shell Corporation und The Briggs.

Live macht das richtig Spaß und der Sound lädt zum Pogo ein. Auch ich lasse mich dazu verführen, obwohl ich heute nur von hinten die Konzerte schauen wollte. Einfach in Ruhe Bier trinken und nicht zu früh die letzten Körnchen Energie verbrauchen. Aber spätestens als sie dann „Nazi Punks Fuck off“ von den Dead Kennedys covern, gibt es wirklich kein Halten mehr. Auch eine klare Ansage gegen Donald Trump und allgemein Faschos kriegen wir zu hören.

Sega: Ab Sekunde eins der absolute Knaller. Wir hatten einen guten Platz, direkt hinter dem sofort gestarteten Pit. Und es hat auch keine fünf Minuten gedauert, bis ich das erste mal mitten drin war. Und siehe da, auch viele der alten und neuen Bekannten waren entweder direkt im oder neben dem Pit und so wurde hier schon freudig und ausgelassen gefeiert, gepogt und gelacht. Die ganze Show war einfach nur der Hammer und hat mich so aufgewärmt, dass mein Pullover fast wieder trocken ist.

„Ich freue mich, wenn es regnet, denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.“ (Karl Valentin).

LiLo: Im Regen stehen, tanzen, aufpassen, dass das Bier nicht allzu verwässert, die Kippen nicht aufweichen lassen. Das ist ein Nachmittag nach meinem Geschmack! Meine eh zu enge Regenjacke ist nicht mal wasserdicht und ich wechsel in so ein durchsichtiges Plastikteil. Viel besser! Zu den Kapellen sagt Finn was, der kann das.

Teenage Bottlerocket

Auf der großen Bühne gibt es gleich noch mehr Musik aus den USA. Diese Herren kommen aus Laramie, Wyoming und spielen astreinen Skate-Punk, wie er zur Zeit der Gründung, Anfang 2000 sehr populär war. In Songs wie „Skate or Die“ geht es sogar explizit ums skaten. Dieses Mal höre ich mir die recht eingängigen Melodien (schielen die in Richtung Pop?) gemütlich von weiter hinten an.

Der Regen wird jetzt heftiger und ich entscheide mich für ein leckeres Chili Con Carne. Mit meiner Schale in der Hand stelle ich mich erstmal ein halbes Stündchen beim Bierstand unter. Ich bin nicht allein und wir veranstalten ein solidarisches „im Trockenen – unterm Schirm stehen – Kuscheln“.

Sexschweiss

Wegen der Kuschelpause bekomme ich vor der kleinen Bühne nur noch die letzten 2 Songs mit, was ich im Nachhinein echt bedauere. Die Band um Sängerin Claudia Röhrle klingt nämlich super frisch und unverbraucht! Benannte Dame hat eine starke Bühnenpräsenz, ordentlich Power in der Stimme und strahlt eine gesunde Aggressivität rüber. Textlich sind die Songs interessant abstrakt. Beispiel gefällig? Hier ein Zitat aus dem Titelsong „Gestank“:

„Ich reisse meine Haut ab und leg sie vor mich hin und schau ob sie noch Glanz hat und fühl ob ichs noch bin.“

Ihr Debütalbum „Gestank“ ist am 30. Januar 2025 erschienen und ich nehme mir fest vor, mir dieses zeitnah anzuhören.

Sega: Bei Teenage Bottlerocket und Sexschweiss tänzeln wir zwischen den Bühnen, trinken Bier, holen zwischendurch etwas zu essen und sind immer wieder in nette Gespräche verwickelt. Ein typisch verpeilter, angenagter Festival-Tag, mit toller Musik, guten Freunden und dem Alter entsprechend alles etwas langsamer. 😛

Mad Caddies

Nun erneut eine Band aus den USA. Diesmal Ska-Punk, mit Elementen aus Hardcore und Reggae gemischt. Gegründet 1995 in Solvang, Kalifornien, sind die Herren auch schon eine ganze Weile dabei. Man merkt ihnen die langjährige Erfahrung auch an; das wirkt alles sehr eingespielt. Allerdings sehe ich die Band zum ersten Mal und habe irgendwie gerade einen Moment der Schwäche. Insofern kann ich mich nicht mehr dran erinnern, welche Songs gespielt wurden. Sehenswert wars auf jeden Fall.

Sega: Während meine Frau mit unserer Freundin direkt vorne rein ist, habe ich mit Lieselotte, den Langstrümpfen, Punki und einigen anderen ausgiebig an der Seitenlinie getanzt. Für Musik mit SKA-Einflüssen bin ich eh immer zu haben und so wurde es mir dann endlich auch wieder etwas wärmer in den Knochen. Mad Caddies haben richtig Laune gemacht und die würde ich mir auch jederzeit wieder aufs Rodeo zurück wünschen, dann hoffentlich bei besserem Wetter.

The Meffs

Warum dieses Duo noch immer auf der kleineren Rodeo Bühne spielt, ist mir völlig schleierhaft. Lily Hopkins (Gesang & Gitarre) und Lewis Copsey (Drums) haben seit ihrer Bandgründung 2019 in Essex schon oft genug bewiesen, dass sie einen Laden zum Beben bringen können. In diesem Falle schaffen sie das mit der Wiese hier. Ich bin nur leider zu müde zum Pogo und viele andere auch.

Die beiden lassen sich davon nicht beirren und liefern uns ein Brett nach den anderen. Sowohl von ihren ersten beiden EPs „Broken Britain 1+2“, als auch vom Debütalbum „What a life“. Die Texte befassen sich explizit mit gesellschaftlichen Problemen, der daraus resultierenden Perspektivlosigkeit und um Rebellion gegen das System. Dabei bleibt es nicht einfach bei „Phrasen“. Beispielhaftes Zitat aus ihrem bis dato wohl größten Hit „Broken Britain, Broken Brains“:

„Switch off, have a little break
Your head needs to recuperate
Broken Britain, broken brains
Propaganda’s gonna drive you insane
Mental health, your health is mental
CBD and a nice brown lеntil
The doctor said you’re gonna die
If you don’t stop now, if you don’t try“

Ich habe die beiden durch Frank Tuner entdeckt und direkt ins Herz geschlossen. Am Ende gibt es dann auch besagten Hit und das Set endet für meinen Geschmack viel zu schnell. Hätte den beiden auch noch locker ne Stunde länger zuhören können.

Mehr junge politisch engagierte Punks für Europa (neues und altes) brauchen wir, sag ich da nur !

Sega: The Meffs verfolge ich auch schon länger. Was „nur“ zwei Leute auf der Bühne zu Stande bringen können ist absolut faszinierend. Man hat nie das Gefühl, dass weitere Instrumente nötig wären. Schneller, aggressiver Punkrock ohne Kompromisse. Ja stimmt, die Leute waren alle schon ziemlich durch, aber auf den Bildern kann man doch ganz gut erkennen, dass sie ein recht großes Publikum angelockt haben.

Ignite

Und weiter geht es mit den „USA Festspielen“ an diesem regennassen Tag. Es gibt Hardcore mit etwas Melodie auf die Ohren, von diesen Herren aus Orange County, Kalifornien. Ich kenne keinen Song, bin aber direkt sehr angetan. Seit 2019 haben sie mit Zoltán einen neuen Sänger. Immer ein schwieriges Unterfangen; gerade bei einer Band, die schon seit 1993 existiert.

Mir fehlt natürlich der Vergleich, aber auf mich macht er einen super Eindruck. Gute Bühnenpräsenz und tolle, wandelbare Stimme. Sehr stark in Erinnerung geblieben ist mir der Song Anti‐Complicity Anthem, sowie „Bloody Sunday“, in einer richtig tollen Version von U2 gecovert. Insgesamt ein Auftritt voller Energie und Leidenschaft, der richtig Spaß macht.

Slope

Hardcore aus Duisburg mit englischen Texten steht nun auf dem Programm. Gegründet 2014 hat die Combo laut Recherche schon so einige Bühnen gerockt. Ich muss euch ehrlich sagen, dass mir diese halbe Stunde fehlt. Ich vermute, dass ich irgendwie unterm Bierzelt stand, Bier getrunken habe und in den Himmel geschaut habe.

Vielleicht kann jemand anderes noch was zum Auftritt sagen ??

Sega: Nach Ignite haben sich unsere Langstrümpfe verabschiedet und auch wir haben uns dazu entschieden, eine kleine Pause im Auto einzulegen, die letzten trockenen Klamotten aus den Taschen zu ziehen und uns erst einmal aufzuwärmen. Nach Hause fahren war keine Option, denn schließlich standen Betontod, The Exploited und WIZO noch auf dem Programm. Unsere Teens hätten uns mit Sicherheit die Köpfe abgerissen, wenn wir auch nur versucht hätten, den Vorschlag zu unterbreiten. Klar die waren ja auch schon ne Stunde länger im warmen Auto und wieder fit 😉 Ich kann mich also weder zu Slope, noch zu Danko Jones äußern und leider damit auch keine Bilder liefern.

Danko Jones

Für diesen Auftritt hab ich mir einen guten Platz vor der Ruhrpott Stage, im gesicherten Mittelfeld ergattert. Die Kanadier aus Toronto um gleichnamigen Sänger Danko Jones wissen nämlich ganz genau, wie man eine gute Party macht. Soundtechnisch ist das für meinen Geschmack eher Hardrock als Punk Rock, aber sie ziehen sowohl musikalisch als auch von der Show her alle Register. Der Regen hat inzwischen aufgehört, was Danko gleich mal für folgende Ansage nutzt:

„Thank you for staying, although the rain has stopped. We are very sorry for that!“

Immer erfrischend, Leute zu hören, die sich nicht so todernst nehmen. Zudem hat der Mann eine wahnsinns Stimme. Nicht umsonst ist die Band zur Zeit ziemlich erfolgreich und läuft regelmäßig im Radio. Mit der kürzlich erschienenen Single „Everyday Is Saturday Night“ erinnern sie an unserer Motto der letzten Tage. Allgemein sind die Themen eher leichterer Rock`n Roll – Natur und die Songs machen allesamt gute Laune.

BZFOS

Nun ist wie der so eine kritische Phase bei mir. Österreichischer Punk/Horror Rock entert die Rodeo Bühne…..und ich erinnere mich an nichts. Bitte Hiiilfe!

LiLo: Aahhh, dieses Bzfzss bedeutet „Bloodsucking Zombies from Outer Space“. Ich kann mir das einfach nicht merken. Die wollt ich schon gerne mal sehn. Aber ich musste ja Klamotten wechseln. Nein, das war vorher. Dann war ich wohl anderweitig tätig, z.B. mit lieben Menschen reden, rumschlendern, Stände gucken, Bierchen trinken und natürlich ein Zwischenwasser. Auch das gehört dazu. Sega, wie schauts bei dir aus?

Sega: Da sind wir nach der Auto-Pause gerade wieder zurück auf das Gelände gekommen. Ich erinnere mich noch an die Geschminkten Gesichter der Band, kann allerdings zum Auftritt selbst nicht viel sagen. Wir haben uns nämlich direkt auf den Weg vor die Große Bühne gemacht, denn die Familie wollte bei Betontod vorne dabei sein.

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Betontod

Auf jeden Fall befinde ich mich bei den Punk Rock Veteranen aus Rheinberg wieder vorne im Pit. Anno 1990 gegründet und noch immer nicht müde. Dafür wirken die Leute um mich herum müde… und ich bin es auch. Der Moshpit will nicht so richtig in Schwung kommen. Sie spielen fast nur neuere Lieder. Es fängt noch gut an mit „Keine Popsongs“. Aber dann „fordern“ sie auf zu einer Wall of Death für „Tanz im Algorithmus“ vom aktuellen Album „Zeig dich“. Das hilft uns einfach nicht weiter auf dem steinigen Weg zur Escalation. 😉

Bei „Nie mehr St, Pauli ohne dich“ klappt das deutlich besser und wir bündeln nochmal unsere Kräfte. Betontod hat auf jeden Fall das spektakulärste Bühnenbild und die Jungs haben Freude an diesem (fast) Heimspiel. Am Ende darf „Traum von Freiheit“ nicht fehlen; geht live natürlich immer. Dafür fehlt mir „Mein letzter Tag“. Und gerade in Zeiten wie diesen hätte ich mir unbedingt „Dagegenstehen“ gewünscht.

Sega: Für mich war klar, Betontod schau ich mir an, aber ich hatte keine besonderen Erwartungen oder eine riesen Vorfreude, wie zum Beispiel der Rest der Familie. Aber nicht, weil ich Betontod irgendwie schlecht finde, es trifft nur nicht sooo meinen Musikgeschmack. Ok, von zwei, drei Songs mal abgesehen, aber ansonsten laufen die bei mir weniger.

Wir haben den Aufbau des Bühnenbildes beobachtet, welches nach und nach Gestalt annahm. Das Transparent im Hintergrund war schon richtig geil, mit der Riot-Stimmung und dann kam ne Ladung Sperrmüll, hinter dem sich ein Schlagzeug versteckte. Ah ok, ne Barrikade und kein Spermüll, scheiß Kurzsichtigkeit 😛 Schließlich ein großes, schwarz verhülltes Objekt.

Und dann wurde das verhüllte Geheimnis gelüftet, eine umgeworfene Bullenkarre und die Show ging los. Leck mich am Allerwertesten, was für ein Auftakt. Pyrotechnik auf der Bühne und im Publikum, überall Flaggen und ein Monstersound fegt über den Platz vor der Bühne. Neben uns wird überall gejubelt, getanzt, gegrölt und gefeiert.

Ich muss sagen, ich war schwer beeindruckt und so hat es Betontod dann geschafft, auch mich recht zügig abzuholen und so blieb ich den ganzen Auftritt über in Bewegung und hatte mit der Familie und den umstehenden einen Mega-Spaß. Was für ein Spektakel, die Combo würde ich mir auf einem Festival auf jeden Fall wieder anschauen.

The Exploited

Tja. Was soll man zu einem gewissen Wattie Buchan noch sagen. Über 40 Jahre ist er Gesicht und Stimme dieser Band. Die weitere Besetzung hat sich immer wieder mal verändert. Eine Band, die seit jeher polarisiert: Die einen lieben den Schotten wegen seiner Authentizität, Wut, Ausstrahlung, Einstellung und seiner radikalen Texte. Andere hassen ihn aufgrund gewisser Ereignisse in der Vergangenheit (Stichwort Connections zu Ian Stuart ).

Egal wie man über ihn persönlich denken mag, seine Qualitäten auf der Bühne stehen in meinen Augen außer Frage. Das dritte Mal darf ich ihn heute sehen und der Mann reißt noch immer alles ab. Oberkörperfrei, die Präsenz von einem Pitbull auf der Bühne und stinksauer auf die ganze Welt! Es ist ein regelrechter Orkan. Nach jedem Song ein gepflegtes „Fuck off“. Ein ausgestreckter Mittelfinger für alles, das auch nur versucht, ihm in die Quere zu kommen.

Zu Erinnerung. Wattie ist 67 und hat schon mehrere Herzinfarkte überstanden. Zuletzt am 10. Dezember 2022 in Bogota, Kolumbien, auf der Bühne. Merkt man heute überhaupt nichts von. Wer lediglich an tiefgründigen Texten interessiert ist, wird bei The Exploited sicher nicht den heiligen Gral finden. Aber reicht es nicht manchmal völlig aus, Frust und Wut in einfachen Lyrics rauszuschreien ??

In diesem Sinne – „Let’s Start a War (Said Maggie One Day)„, „Fuck The System“, „Fuck the USA“… und „Sex and Violence“! 😉 Ich hoffe, diese Legende bleibt uns noch ein paar Jahre erhalten !

WIZO

Der letzte Headliner an diesem Wochenende betritt die Ruhrpott Stage mit „Grauer Brei“ vom letzen Album „Nichts wird wieder gut“. Ich finde zwei tolle Menschen aus unserer Freunde des Punks Gruppe wieder und wir schauen das Konzert (singend und biertrinkend) aus sicherer Entfernung zusammen an.

Eigentlich war ich bisher gar nicht so der allergrößte WIZO Fan. Aber heute überzeugt er mich auf ganzer Linie. Es folgt Hit auf Hit und man merkt, die Herren haben richtig Bock. Klassiker wie „Raum der Zeit“ oder „Kopfschuss“ gibt es gleich im ersten Drittel vom Set. Allerdings finden auch Songs wie brandneue „Scheiss AFD“ den Weg in den Auftritt. Ein Favorit von mir ist das herrlich böse „Adagio“, in dem es um die Utopie einer anarchistischen (besseren ?) Gesellschaft geht. Inklusive „Saufen als Leistungssport“. LiLo: „Die Hosen ruunter, die Tassen raauuf“…

Klare Kante gegen Rechts wird im weiteren Verlauf mit Songs wie „Antifa“ und „Ganz klar gegen Nazis“ gezeigt. Das Publikum gibt nochmal alles und ich bin ganz froh, grade mal den „Pogo Gang“ zurückgefahren zu haben. Man will sich ja auch nicht am letzten Abend noch was brechen. „Hey Thomas“ darf natürlich auch nicht fehlen. Was da erzählt wird, kann jeder fühlen, der einen geliebten Menschen verloren hat. Heute Abend berührt der Song mich doppelt, weil ich einfach nur fix und fertig bin. Da ist man emotional ja manchmal noch etwas „verfügbarer“ als sonst.

Ein weiterer wichtiger Song bei jedem WIZO Konzert ist „Quadrat im Kreis“. Das Gefühl von persönliches Krisen/Depression wird hier sehr eingehend beschrieben. Sicherlich ein Werk, das einigen der Anwesenden ziemlich viel bedeutet. Manchmal kann Musik halt doch ein Pflaster für die Seele sein. Zumindest für ein paar Minuten oder Stunden. Der Regen hat inzwischen freundlicherweise so gut wie aufgehört. Mit „Schöner wär’s“ und „Die letzte Sau“ entlässt uns diese doch ziemlich legendäre Band aus Sindelfingen schließlich in die Nacht.

Sega: Der WIZO bildet für uns den Abschluss des Festivals. Während Sohn Zwei sich schon weit vor Beginn ganz vorne positioniert hat, gebe ich zum ersten Mal auf dem Festival meinen Alien-Rucksack in andere Hände und mach mich mit Sohn Eins auf in Richtung Mitte. Denn auch er will ganz vorne dabei sein und klar, bei der Band kann ich dann auch nicht nein sagen 😉 Die Crowd wartet schon ungeduldig, denn bei The Exploited geht noch richtig Party auf der Bühne. Die ersten WIZO-Songs werden angestimmt und wir holen die letzten Töne aus uns raus. Nach drei Tagen Festival ist da dann aber nicht mehr viel Kraft und die Stimmbänder krächzen nur noch. Egal, denn dann kommt die Combo auf die Bühne und es „explodiert“ in alle Richtungen.

Ein letzter fetter Pit, Leute die sich in den Armen liegen, mitsingen, jeder schubst, hüpft und eskaliert nun noch mal endgültig. Stehen bleiben ist bei uns nicht mehr möglich und auch die Richtung kaum zu beeinflussen. Dann geht der Große erst mal auf der Crowd surfen, oder zwei oder dreimal? 😛 Zu Quadrat im Kreis hat uns dann auch der Jüngere noch gefunden, total verschwitzt und sichtlich erschöpft, singen wir fest umarmt den letzten Song mit und gehen anschließend mit einem dicken Grinsen erst mal viel, sehr viel Wasser besorgen.

Shandon

Als allerletzte Band des Festivals spielt eine italienische Ska-Punk Band auf der Rodeo Stage. Gegründet bereits 1994, versuchen sie, dem verbliebenen Publikum noch einmal einzuheizen. Klappt ganz gut. Erstaunlich viele Leute stehen noch vor der Bühne und tanzen entspannt mit. Die Songs sind auf englisch und italienisch; die Trompete sehr dominant. Man könnte fast auf die Idee kommen, dass „Sondaschule“ diese Band in ihren jungen Jahren als Inspirationsquelle für sich entdeckt hat. Der Sound ist den Klängen der „Brüder“ aus Mülheim an der Ruhr durchaus ähnlich. Mehr kann ich zu der Band nicht mehr berichten.

Das mag an meinem dummen Ehrgeiz liegen, auf „Krampf“ alle verbliebenen Getränkemarken noch verballern zu müssen. Aber in dem Moment ist meine Gier genauso grenzenlos wie unnötig. Den Rest könnt ihr euch wahrscheinlich denken. So großartig das Festival ist, den Rum Cola kann ich nicht empfehlen. Langsam fängt das Gelände an, sich um mich zu drehen. Meine letzter Erinnerung – wir verlassen das Infield und draußen vorm Eingang singen einige Leute zu akustischer Musik lauthals Tote Hosen Songs.

Im Camp finden wir noch eine Pfeffi Flasche. Ich trinke selbstverständlich noch einen Schluck. Danach ist alles ziemlich schwarz. Zumindest finde ich mich am nächsten Morgen in meinem Zelt wieder, in einem – sagen wir „etwas mittelmäßigen Zustand“. Irgendwann muss man für seine Schandtaten halt auch mal büßen.

Fazit

Das Ruhrpott Rodeo ist einfach ein wunderschönes Festival ! Die Leute sind super nett und herzlich. Egal ob Besucher, Security, Standbetreiber, die Teams an den Sanitäranlagen oder das Barpersonal – einfach ALLE!

Die Toiletten sind für Festivalverhältnisse echt sauber, die Duschen sind auch okay. Das Essen an den zahlreichen Ständen ist erstaunlich gut. Ich empfehle das Chili con Carne. Es sei denn, man plant hinterher, Rum Cola zu trinken. Dann lieber nicht. Ach ja, lebensgroße Dinos gab es zu beiden Seiten der großen Bühne auch noch. Die waren toll. Sogar ein Riesenrad wurde angekarrt; naja wer es mag.

Das Line Up ist mit viel Liebe ausgewählt. Ich hab mich pudelwohl und „irgendwie zuhause“ gefühlt. Es war nun mein viertes Rodeo. Entdeckt habe ich es durch eine sehr coole Punkerin aus Bochum. Falls du das lesen solltest: „Vielen Dank dafür“!

Die Leute im Alltag sollten mehr so wie die Leute beim Ruhrpott Rodeo sein. Dann wäre unsere Gesellschaft eine nettere, herzlichere und solidarischere. Da bin ich mir ganz sicher! In diesem Sinne, ganz viel Liebe an den Alex Schwers, den Ruhrpott und alle, die dabei waren! Nächstes Jahr kommen wir auf jeden Fall wieder!

LiLo: Was für ein schönes Wochenende! Ich war glücklich, dabei zu sein. Aber bin ehrlich. 12.000 Leute sind mir zu viel. Ich mag kleinere Open Airs, kurze Wege, Freunde schnell finden. Ich mag es, wenn keine Plastikbecher am Boden liegen. Die Einwegbecher + Zahlung mit Marken haben aber dafür gesorgt, dass man ruck zuck sein Bier bekam. Das Thekenteam war sicher nicht traurig, dass sie keine ekligen Pfandbecher zählen und spülen mussten. Ich mag Headliner, allerdings muss ich sie nicht in der Frequenz haben. „Was mach ich dann am Rodeo?! “ Die Leute. Für die bin ich gern 600 km gefahren. Ich habe wunderbare Menschen kennengelernt und bin dankbar dafür. Und genauso dankbar, dass ich bei Freunde des Punk dabei sein darf.

Alex Schwers hat mit seinem großen Team dieses Fest komplett im Griff. ALLE waren engagiert, gechillt und gut gelaunt, Respekt! Wenn ein Veranstalter ein Riesenrad hinstellt; OK, ist sein Fest! „Kindheitstraum erfüllt“, sagte er selber über die angekarrten Dinos. Hab ich dann eben mit zahlreichen Bieren mitfinanziert… Umgerechnet auf eine Halbe 6 EURO, das sind 24 Mark für die Maß!! 😉 Dafür waren die Spülklos frei. Das ist nicht selbstverständlich. Auch hier mitgedacht: Keine Zahlung – keine Schlange. Dass bei so einem Festival nicht der ökologische Gedanke im Vordergrund steht, ist außer Frage. Und da die meisten von uns das „große Besteck“ in Form von Caravans und anderen komfortablen Lösungen auffahren, (s. knappe Stellflächen) braucht keiner groß rumkritisieren. Früher: 5 Leute in 1 Karre, 2 Zelte, fertig. Heute: 1-2 Leute pro Gefährt. Vielleicht am Ende noch ein Wunsch: Lasst das Festival nicht zum „Rock im Park für Punkers“ werden. Es ist ok, mal aufs Dixi zu gehn und es ist OK, kein Netz zu haben. Geniest die Einfachheit und somit die Freiheit an solchen Tagen.

Sega: Es war wieder ein wunderschönes Rodeo. Dieses mal für mich auch ein sehr besonderes, da sich der Bekannten- und Freundeskreis dort durch die Community und unseren Blog ja stark erweitert hat. Egal, wo ich gerade unterwegs war, gesessen bin, welche Band ich mir gerade angeschaut habe, immer hat man nach kurzer Zeit wieder jemanden getroffen, geredet, angestoßen, gelacht, faxen gemacht oder getanzt. Das Beste war eindeutig, dass wir Blogbetreiber uns endlich ALLE kennen gelernt haben und natürlich, dass wir so viele Menschen aus unserer Gruppe kennen lernen durften oder wieder sehen konnten. Aber auch die ganzen anderen tollen Festivalbesucher, die alle gute Laune hatten und natürlich das bombenmäßige Personal haben es zu dem gemacht, was es war. Fantastisch!

Das Line-Up war natürlich super, für meinen Geschmack hätte es aber gerne mehr Deutsch-Punk sein dürfen. Aber ich meckere hier bestimmt nicht rum, einfach nur grandios, was da wieder geboten wurde. Wo ich voll zustimme: voller darf es aus unserer Sicht auch nicht mehr werden, die 12k sind schon hart an der Grenze. Das ist natürlich aber unser ganz persönliches Empfinden, da wir uns in großen Menschenmassen einfach nicht so wohl fühlen. Dem Veranstalter gönnen wir diesen Erfolg aber wirklich von ganzem Herzen, denn das Rodeo ist nicht umsonst das größte Punk-Festival in Deutschland. Die Atmosphäre war auch dieses Jahr wieder sehr familiär und die Menge an Menschen hat dem Gemeinschaftsgefühl zum Glück keinen Abbruch getan.

Vielen Dank für ein wunderbares Wochenende liebes Rodeo-Team und an all die tollen bunten Menschen, denen ich begegnet bin. Bleibt bunt und laut!

P.Langstrumpf: Meine persönlichen Highlights waren dieses Jahr definitiv die lieben Menschen aus dem Camp und aus der Gruppe. Speziell das ChaOs Treffen am Freitag hat mega Spaß gemacht, einfach Blödsinn quatschen und zwar so als ob man sich schon ewig kennt, Bierchen trinken und ChaOs Entertainment genießen. Das Gruppentreffen am Samstag, so viele liebe Menschen. Jedes mal wenn wir den Alien mit seinem Reithuman getroffen und mit ihnen gelacht, getanzt und gefeiert haben. Auftritt Highlights waren für mich Sondaschule gefolgt von Talco, The Drowns und Mad Caddies.

Das sagen die Teens

Am besten hat uns das Line-Up und die Stimmung gefallen. Überall lustige Menschen und gute Laune. So müsste es immer sein auf der Welt. Und die Dinos waren super, wobei das furzende Einhorn letztes Jahr auch lustig war. Der Auftritt von Nura war geil. Sehen würden wir gerne mal Irie Revoltes, Moscow Death Brigade und die Antilopen Gang gerne wieder. Slime und WIZO sind eh immer gut und etwas Zecken-Rap wär super.

Bandwünsche gesammelt

Teens: Irie Revoltes, Antilopen Gang, MdB, Disastar, Slime, WIZO

Wir Blogger: Natürlich alle Bands, die wir schon in unserem Blog auf die ein oder andere Weise erwähnt, gesehen oder fotografiert haben! 😉

Gruppe: Umluft 180 °, Restmensch, Frontalangriff

Bildrechte: Langstrümpfe, NTS, Sega, Finn, Lieselotte

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