Logo von Freunde des Punk. Ein Totenkopf mit grünem Iro, von Stacheldraht umrandet

Mind the Gap Fest in Hamburg 2025

Heute, am Samstag, 13. September, geht es ins „verrufene“ Billstedt im Hamburger Osten. Im Bambi Galore, dem schönsten Kellerclub der Stadt findet das 4. Mind the Gap Fest 2025 statt. 

In den Lokalnachrichten wird hier in Hamburg oft ziemlich schlecht über diesen Stadtteil berichtet. Da ein Streit mit Messer, dort manchmal sogar eine Schießerei. Keine Frage, die soziale Schieflage ist schon zu erkennen. Auf der anderen Seite finde ich es ziemlich schade, dass die positiven Aspekte von Gegenden wie Billstedt in Hamburg oder beispielsweise Neukölln in Berlin dabei sehr häufig total außer Acht gelassen werden. Nämlich die kulturelle Vielfalt. Auf der einen Seite natürlich stark arabisch und türkisch geprägt. Wodurch es aber gerade kulinarisch alles gibt, was das Herz begehrt. Zudem hab ich immer das Gefühl, dass der Zusammenhalt in Gegenden mit einem gewissen finanziellen Elend oft deutlich größer ist, als in „schicken“ Vierteln.

Tja und dann gibt es hier heute noch eine Punk Rock Veranstaltung, welche im kultigen „Bambi Galore„“ stattfindet. Ein kleiner Club mit Platz für ca. 150 Zuschauern, der Teil des Komplex „Kulturpalast“ ist.

Vom Hauptbahnhof Hamburg ist man in 25-30 Minuten beim Bahnhof Billstedt. Von dort sind es höchstens 5 Minuten Fußweg zur Location. Sprich auch für einen Besuch von „außerhalb Hamburg“ durchaus zu empfehlen.

Sehr skurriler Weise findet im Nachbargebäude heute augenscheinlich eine sowas von „Schickimicki“ Hochzeitsfeier statt, bei der sich die BWL Justus dieser Welt, die Klinke in die Hand geben. Von der Terrasse vorm Eingang aus beobachten wir das bunte Treiben. Auf der einen Seite Leute mit Anzug und Abendkleidern… und auf der anderen Seite wir.

Es sind einige Punks am heutigen Abend gekommen, allerdings gibt es noch Abendkasse. Sprich der Laden ist leider nicht ausverkauft. Angenehm für uns, doof für die Veranstalter. Ein möglicher Faktor mag der kurzfristige (krankheitsbedingte) Ausfall der „Stage Bottles“ sein. Dafür eingesprungen sind auf die Schnelle die „Senkrechtstarter“. Als prominenter Gast ist Dirk Jora (ehemals Slime) wie schon letztes Jahr erschienen und plaudert munter mit den anderen Gästen vorm Eingang.

Das „Mind the Gap “ ist ein Punk Rock Fanzine alter Schule, gegründet 1998. Man merkt, dass sich die meisten Leute gut kennen.

Sehr sozialer Weise gibt es beim Einlass erstmal zwei Wertmarken für Bier , für Umme. Ich würde vermuten als freundlichen Geste für den benannten Bandausfall. So kann man die Gunst der Punks natürlich im Sturm erobern. Da sag ich mal danke und gebe 5 von 5 Sterne.

G31!

Diese Band sorgt für den Start in den musikalischen Teil des Abends. Gegründet haben sie sich 2015 und seitdem eine Hand voll Tonträger veröffentlicht. Unter anderem ein Live Album, aufgenommen im legendären Indra Club, gelegen auf der Großen Freiheit in Hamburg. Der Sound geht ordentlich nach vorne und Sängerin Mitra liefert eine Vollkontakt-Performance erster Klasse. Kleiner Wermutstropfen, akustisch wirkt die Musik sehr im Vordergrund. Daher fällt es mir leider etwas schwer, den Texten zu folgen. Aber ist halt auch manchmal so, wenn man die Texte vorher nicht kennt.

Thematisch werden meiner Recherche nach auf jeden Fall die klassischen gesellschaftskritischen Punk Rock Themen abgehandelt. Im Ohr geblieben ist mir dabei der markante Titel „Fußball schafft Frieden“. Für den Zusammenhalt in Sachen „schönste Nebensache der Welt“ und gegen die Arschlöcher, die ihn leider noch immer gerne mal für ihre menschenfeindlich Agenda missbrauchen. Zudem wird im Song am Ende deutlich, dass es die Band mit der braun weißen (Fußball) Seite von Hamburg hält 😉

Asynchron

Und weiter geht es mit Punk Rock aus meiner wunderschönen Heimatstadt Hamburg. Ihren Sound beschreiben sie liebevoll als 2000er Ami Punk und das trifft es, wie ich finde, auch ganz gut. Schnörkellos, eingängig und schnell klingt das.

Für eine Punk Band durchaus bemerkenswert ist, dass alle Bandmitglieder nach eigener Aussage ein Instrument beherrschen. Die Texte sind teilweise ziemlich lustig. In einem Song geht es um das Vermeiden von Wurzelbehandlungen. Ansonsten setzen sie sich allerdings in Songs wie „Social Media“ auch auf ziemlich starke Art und Weise mit dem Rechtsruck im Land auseinander. Die Akustik scheint mir bei diesem zweiten Auftritt des Abends besser. Die Texte sind gut verständlich, was den Spaßfaktor natürlich noch etwas erhöht.

Vor ein paar Wochen hatte ich mir ziemlich böse die Wade geprellt und konnte einige Tage nicht richtig laufen. Da kam dann auch durchaus mal der Gedanke, die Pogo/Moshpit Karriere an den Nagel zu hängen. Heute kann ich zum Glück wieder normal gehen. In der Mitte sind 2-3 Männer ziemlich „wild tanzend“ unterwegs und ich entscheide mich, einfach mal mitzumachen. Und siehe da, es macht noch genauso Spaß wie vorher und die Angst vor möglichen neuerlichen Verletzungen ist auch schnell vergessen. Die ersten Bier Flaschen fallen meinen „wilden Pogo Nachbarn“ aus der Hand. Kurze Wischpause und weiter geht es. Ach, was hab ich es vermisst 🙂

Senkrechtstarter

Nun sind die kurzfristigen „Einspringer“ für die Stage Bottles an der Reihe und liefern eine mega Show ab ! Wieder eine Band aus Hamburg, die sich in der Formation tatsächlich erst 2024 gegründet hat. Allerdings waren die Mitglieder vorher bereits aktiv in Bands wie Rubbermaids, Bitter, Chris van Chrome, Lassard oder Modulo. Daraus ist nun ein bunter Mix entstanden, der uns in der Mitte sofort zum tanzen bringt. Inhaltlich kann ich daher allerdings auch eher nicht so viel dazu sagen. Meine Konzentration galt der Körperspannung, da wie erwähnt 1-2 Menschen schon relativ wild unterwegs waren um mich herum. Allgemein, der Alkoholpegel im Publikum steigt stetig. Bei Bierpreisen von 3 Euro für die Astra Knolle und den erwähnten Freibieren zu Beginn aber auch kein Wunder. Trotzdem blieb bis zum Schluss alles friedlich.

Planlos X

Zum krönenden Abschluss betritt eine echte (DDR) Punk Rock Legende die Bühne. Die Band, welche in den 80ern in eben jener DDR illegale Konzerte gegeben hat. Unter anderem 1983 mit den Toten Hosen in der Erlöserkirche (Berlin-Rummelsburg). Sie wurden durch diese Jahre zu einer wichtigen kulturellen Stimme gegen die damaligen Machthaber in Ostdeutschland.

Man merkt Sänger Pankow die langjährige Bühnenerfahrung bei jeder Bewegung und jedem Ton an. Äußerlich ganz locker in Jogginghose. Aber aus seinem Inneren kommt pure Energie. Der Mann hat ein Feuer in den Augen, was an diesem Abend seinesgleichen sucht. Die Akustik ist super. Ich verstehe jedes Wort, auch wenn ich wenige der Texte vorher kenne.

Ein wichtiger Song der mir in Erinnerung geblieben ist, ist „Überall Wohin’s Dich Führt“. In diesem wird das Thema „Überwachungsstaat“ (wie es ihn in der DDR nun mal gab) sehr eindringlich beschrieben. Kürzlich auch nochmal in einer neuen Version mit den Toten Hosen aufgenommen, mit denen sie bis heute eine enge Freundschaft verbindet. Ich erinnere mich an einen Gastauftritt der Band beim Toten Hosen Konzert auf dem Tempelhofer Feld (Berlin), am 20.08.2022 . Ein augenscheinlich an dem Abend sehr emotionaler Moment für beide Seiten.

Ein weiterer toller Moment an diesen Abend ist dann ihr Cover „Marianne“. Ein Liebessong, ursprünglich geschrieben und aufgenommen von der Ostberliner Punk Band „Restbestand“. Ein schöner Tribute. Der Song wurde von Planlos X auch professionell eingespielt und es gibt ein nettes Video dazu auf Youtube zu sehen.

Ganz rechts von mir steht das ganze Konzert im übrigen ein sehr begeisterter, lächelnder Dirk Jora. Ich kann die Begeisterung nur teilen. Planlos X sind ein mehr als würdiger Headliner an diesem Samstagabend. Viel Power und noch mehr Herz. Danke dafür 🙂

Zwischenzeitlich in den Bandpausen hab ich unseren guten Freund Punki getroffen. Wir sind richtig schön ins Quatschen gekommen und haben ab der zweiten Band dann auch die Auftritte gemeinsam erlebt.

Am Ende gehen wir zusammen zurück zum Bahnhof Billstedt und fahren auch noch ein paar Stationen zusammen. Er muss um 6 Uhr schon wieder raus und zurück in den Ruhrpott.

Das nenne ich mal „Hingabe zum Punk Rock“: Da bleibt mir am Ende nur noch zu sagen „Gute Fahrt und hoffentlich bis bald“.

Alles in allem ein sehr gelungener Abend mit netten Menschen und toller Musik. Nächstes Jahr bin ich ganz bestimmt wieder dabei. Es bleibt den Veranstaltern zu wünschen, dass beim nächsten Mal niemand absagt. Eine komplett „volle Hütte“ hätte diese Veranstaltung nämlich wirklich verdient !

2 CDs hab ich mir auch gekauft. Die werden heute erstmal in Ruhe gehört 🙂

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