Holger „T.I.M – Terrorist in mind“ und Volker „The Phantom“ haben sich einmal mehr weiterentwickelt und im vergangenen Sommer Verstärkung am Bass und an den Drums bekommen. Mit Freude, Engagement und viel Gesellschaftskritik machen die vier ihr Ding. Punkrock in einer undogmatischen Breite – depressiv, wütend, speziell, schnell, unkonventionell, unangepasst – mit musikalischem Anspruch, ohne „Schrammelpunk“.
Wer wir sind:
„The Phantim aus Lüneburg besteht aus drei alten, langweiligen Männern zwischen Mitte 50 und Anfang 60, ergänzend hat sich ein ebenso langweiliger Jüngling Anfang 30 zu uns verirrt.
In spätestens 5 Jahren wird er uns auch pflegerisch begleiten müssen. Unsere wenig weltbewegenden Texte, mit meist belanglosen Themen, werden auf Deutsch und in schlechtem Englisch vorgetragen. Unsere Bühnenshow beschränkt sich auf arthritischen Pogo der kleinen Zehen. Gerne treten wir in bestuhlten Konzerträumen und zu altersgerechten Zeiten auf.“
Holger: Gesang & Texte & Songwriting. Ehemalige Bands: F.F.C.C. / Nagasaki / Her Skin / Provisorios (mit Volker) / NoSports / Colors off Decay / WRY – (Deutschpunk über tiefste Gruft bis hin zu Trashrock. Soloprojekt seit 25 Jahren: Terrorist in mind.
Jörn: Schlagzeug. Erste Band: Faceless facelessness (die Story dazu weiter unten…).
Volker: Gitarre & Gesang & Songwriting. Hält den Provisorios bis heute die Treue, war aber auch tätig bei: „Das Fisch“, (Deutschpunk), „Fuera“ (Musikprojekt mit Matthias von den Geisterfahrern), „Cats of Bardou“ (schräger Rock and Roll).
Erik: Bass & Gesang. Hat ca. 10 Jahre lang in der Coverband „Garage 313“ gespielt. (Von Ärzte, Hosen, White Stripes, Wir sind Helden, The Hives, Blur, Red Hot Chilli Peppers bis hin zu eigenen Liedern).
FdP: Was hat Euch dazu gebracht, Musik zu machen? Eric: Ich wollte einer dieser Leute sein, die am Lagerfeuer eine Gitarre rausholten und einen ganzen Abend damit füllen konnten. Und, eine Ex-Freundin behauptete, dass ich es eh nicht schaffen würde, in einer Band zu spielen. Daher musste ich aus Prinzip eine Band gründen und es auf eine Bühne schaffen. Volker: Musikalische Früherziehung, tatsächlich! Jörn: Kreatives Abhängen mit Freunden. Das gemeinsame große Ganze, das viel mehr ist als die Summe seiner Einzelteile. Holger: Langeweile und der Wunsch aufzufallen.
FdP: Gibt’s eine wilde Geschichte darüber, wie ihr zum Punk gekommen seid? Eric: Ich bin auf einem kleinen Dorf in der Müritzregion aufgewachsen. Meinte Mutter hörte viel „Die Ärzte“. Daher war ich großartiger Weise privilegierter mit Musik ausgestattet als die Dorfjugend. Viele sind über „Böhse Onkelz“ in die die rechte Szene abgerutscht. Der ein oder andere „Dorfnazi“ hat „Punk sei Dank“, die Kurve bekommen und konnte sich über die populistischen Texte rechter Bands hinwegsetzen. Durch meinen Zivi-Kollegen kam ich über Ska zum „richtigen Punk“, der doch wesentlich anders war als „Die Ärzte“. Er nahm mich mit zu Konzerten und auf mein erstes Punk-Festival „Sommerschlacht“. So war, bin und werde ich weiterhin ein Teil der Punk-Szene bleiben. Volker: Durch den Geburtsvorgang.
Songempfehlungen aus dem aktuellen Album „Tomorrow Is Now!“
Erschienen im November 2024 auf tim-music.
Holger: Mein Liebling ist momentan „I saw you in the fog“ vom aktuellen Album „Tomorrow is now“.
Volker: Für mich bringt der Titel: „Es kommt der Tag“ alles auf den Punkt. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen. Hör ihn dir an!
Für 2025 ist ein neues Album in Planung!
Ausgefragt!
Wir waren ganz schön beeindruckt, wieviel Mühe sich die 4 Jungs mit unserem Fragebogen gegeben haben. Jeder von ihnen hat nämlich die Fragen beantwortet; über die vielen Erlebnisse und Geschichten haben wir uns echt gefreut – DANKE dafür! Die Zusammenfassung haben wir hier für Euch. Viel Spaß damit!
FdP: Wer hat Euch beeinflusst oder tut es noch? Eric: Wenn ich an den Beginn meiner „Gitarrenspielkünste“ zurückdenke, würde ich sagen, es war „Joint Venture“. Die humorvollen, oft ein wenig überspitzten Texte & Akkorde konnte man sich von der offiziellen Bandseite ziehen. Ich lernte mit den Songs gleichzeitig Gitarre spielen und Singen (Obwohl das Singen noch ausbaufähig ist).
Volker: Anti-Nowhere League, Professionals, London Cowboys, Pack, Heartbreakers (Johnny Thunders), Punishment Of Luxury, Revillos, Dead Boys, Gun Club, Claw Boys Claw. Bestes Konzert: The Legendary Stardust Cowboy im Onkel Pö, Schätzungsweise 1983.
Jörn: Das Musical „The Great Rock ’n‘ Roll Swindle“: Gemeinsam mit Freunden im wöchentlichen off-Kino der Volkshochschule als vierzehnjähriger im spießigen Lüneburg; vorgeführt vor einer wilden Meute. Und der Sampler: We do’em our way. (VÖ: 1980).
Holger: Sex Pistols, The Clash, Ruts, Stiff little Fingers, UK Subs, Dead Kennedys. Das beste Konzert ever war Joe Strummer & The Mescaleros 1999 in Hamburg, die letzte Tournee von Joe vor seinem Tod. Dazu Ramones im „The Ritz“ und ein Doppelkonzert von UK Subs / Exploited im CBGBs, beides 1984 in New York.
FdP: Denkwürdige Auftritte: Jörn: Die 2 Gigs meiner ersten Band „Faceless facelessness“. Die bestand im Wesentlichen aus den Leuten, mit denen ich „The Great Rock ’n‘ Roll Swindle“ gesehen habe. Allerdings hatten wir den Sänger vorher voller Überheblichkeit rausgeschmissen. Also spielten wir unseren 1. Gig ohne Sänger vor recht vielen Leuten auf dem Lüneburger Stadtfest. Abends waren wir gleich noch für den „Abschlussball“ unserer Realschule engagiert. Das abendliche Publikum forderte aber lauthals unseren Sänger ein. Also mussten wir ihn bitten, sein Mikro von zu Hause zu holen, um mit uns zu spielen. In der Zwischenzeit wurden wir allerdings gestoppt: In der gefliesten 70er Jahre Aula machten wir – ohne PA – einfach nur infernalischen Lärm. Als unser Sänger voll freudiger Erwartung mit seinem Mikro ankam, war es schon zu spät. Die Band zerbrach und unser Sänger ist nie wieder aufgetreten. Aber unsere Freundschaft wurde wiederhergestellt und hielt bis zu seinem Tod vor ein paar Jahren.
Holger: Beim ersten Gig meiner damaligen DeutschPunk Band „F.F.C.C.“ anno 1983 in einem Jugendzentrum war unser Schlagzeuger so aufgeregt, dass er permanent kotzen musste und nicht auf die Bühne wollte. Da ist kurzerhand der Schlagzeuger einer anderen Band eingesprungen. Obwohl er null Songs kannte, war es trotzdem ein klasse Konzert. Die nächsten Gigs liefen dann problemlos mit unserem eigenen Schlagzeuger ;).
Eric: Höhepunkt war der erste Platz beim „Plattsounds“ Songcontest 2022. Wir waren die erste Band und wollten – mit der Gewissheit, nicht auf dem Siegertreppchen zu stehen – gleich wieder nach Hause fahren. Beim Verlassen der Bühne guckten wir jedoch in die rot angelaufenen Gesichter unserer Konkurrent*innen und blieben noch ein bisschen da. Bei der Bekanntgabe des erreichten 1. Platzes hatten wir immer noch unsere Sachen in der Hand, um schnell nach Hause zu kommen.
FdP: Is Punk dead?? Jörn: Punk ist ein immer noch klebendes Kaugummi, das erstaunlich lange den Geschmack behält. Abends in die Ecke gerotzt, kann es morgens wieder vorzüglich schmecken. Eine wärmende Erinnerung an eine Suche: Nach Wildheit, Freiheit, Freunden und immer wieder jugendlichem Aufbegehren und Aufbruch ins Ungewisse.
Volker: Punk der alten Schule hieß: Jeder macht sein Ding. Erst später kamen Bands, die den Begriff über ihre langjährige Bekanntheit definierten und so das ursprünglich weite Spektrum einschränkten. The Phantim knüpft eher an die alte Schule an, nach der jeder neben dem Mainstream das macht wozu er Bock hat. Insofern ist Punk nicht tot. Punk ist m.E. tot, wenn die immer gleichen Bands ihren immer gleichen Punk über die immer gleichen großen Labels an immer größere immer gleichgültigere Personen verkaufen, so dass es am Ende zu Stadionrock verkommt. Das ist nicht unser Ansinnen. Und so lange es Menschen gibt, die so empfinden wie wir, ist Punk auch nicht Tot.
Eric: Für mich bedeutet Punk nicht nur Musik, Kleidung oder generell aufzufallen. Für mich ist Punk eine große Idee des „Do It Yourself“ (oder mit Anderen). Nimm was in die Hand, organisiere oder beschäftige dich mit etwas, repariere was. Bau was auseinander und schaffe es nicht, es wieder zusammen zu setzen und probiere es trotzdem nochmal. Zusammenfassend: „Mache etwas, das du vorher noch nie gemacht hast, und gucke ob es dir liegt“.
Holger: Punk will never be dead! Punk ist „Mach dein Ding“, scheiss auf die Massenmeinung und vermeide jede Szenenzugehörigkeit!!!!
FdP: Eure Einschätzung zu den Entwicklungen in der Szene: Jörn: Die Szene wird älter, mit vielen Falten am richtigen Fleck; immer noch durch Männlichkeit definiert. Dennoch stehen mehr und mehr Riot Girls auf den Bühnen und fordern auch ihren Platz vor den Bühnen ein. Vordergründige Äusserlichkeiten verlieren ihren Stellenwert.
Eric: Ich versuche in meiner täglichen Sprache und beim Schreiben (vorrangig Arbeitskontext) eine genderneutrale Ausdruckweise zu verwenden. Ich als Mann habe weniger Kontakt mit der Arbeit der „Awareness-Crew“ auf Festivals und Konzerten. Weil ich, *Achtung Selbsteinschätzung*, kein Benehmen zeige, um von der Crew angesprochen zu werden. Es gab auch noch keine Situation, in der ich die Crew ansprach. Dennoch bin ich sehr erfreut über immer mehr Anlaufstellen und „Awareness-Teams“, da es gut ist, wenn jemand die Spielregeln im Blick behält. Jedoch habe ich auch schon gehört, dass manche Teams zu unbedacht oder über ihre Kompetenzen hinaus gehandelt haben. Ich kenne dazu aber nur die sehr subjektiven Geschichten.
Holger: Völlig übertriebener Bullshit, von linken Spiessern organisiert, Tod allen Szenen, da lag noch nie ein Segen drauf!!!
FdP: Wo würdet ihr gern mal auftreten? Eric: Auf der „Sommerschlacht“ (Link) in Gadebusch. Dieses Großtreffen mit Freunden würde ein Auftritt mit eigener Band nochmal abrunden. Außerdem hat der Backstagebereich eine richtige Toilette 😊.
Holger: In der ausverkauften Markthalle Hamburg, das hatte ich erst einmal 1985 bei einem Solifestival. Auf jeden Fall möchten wir in 2025 ein neues Album herausbringen; möglichst 10-12 Gigs spielen – gerne ein paar kleinere Festivals, mal schauen was noch geht.
Kontakt: thephantim@gmx.de
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