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Ad Nauseam

Politischer Deutschpunk aus Bremen-Huchting

Ad Nauseam gibt es seit 1992 und seit März 2023 spielen sie wieder live! Schnell, schnörkellos, melodiös – Ad Nauseam haben über die Jahre einen eigenen Stil entwickelt, den man auch nach der kurzen Pause von 20 Jahren sofort wieder erkennt.

Aber erstmal lassen wir uns erzählen, wie alles begann…

Links der Weser, in Bremen-Huchting gab es ein paar 17 jährige Jungs, die gut befreundet waren und Punkrock machen wollten. Man zählte drei Gitarristen und einen Sänger, wovon zwei ihr Instrument beherrschten. In Ermangelung eines Schlagzeugers musste einer der Gitarristen sich des Drumsets annehmen, so hatten sie nur noch einen, der sein Instrument beherrschte. Die Voraussetzungen für Punkrock waren also auf Anhieb erfüllt! Durch ein geniales Ausschlussprinzip waren als Bandnamen „Die Fruchtzwerge“ und „Ad Nauseam“ übrig. Den Begriff hatte Kadde, der Schlagzeuger eingebracht. „Wir sind heute sehr froh, dass es so gekommen ist, wie es gekommen ist“, verrät mir Nille.

Nachdem sich die Combo stetig verbessert hatte, brachten sie 1994 ein Demo heraus. Mittlerweile war Bulli dazu gekommen, der als Basser sehr willkommen war. Es folgten 1995 /1996 zwei weitere Demos, dazu spielten sie, wie Nille es beschreibt, “ in konzentrischen Kreisen“ mehr und mehr Konzerte, erst im Stadtteil, dann in der Stadt und weiter außerhalb.

Religionen

1996 kam die Vinyl-Single „Religionen“ raus und 1997 das erste Album „Dein letztes Geleit“, das die Demosongs und auch neue Aufnahmen beinhaltete. Dazu kamen Veröffentlichungen auf den damals sehr populären Punk-Samplern. Im September 1997 gingen sie auf ihre erste Tournee. Für die Truppe, deren Mitglieder nun so um die 22 Jahre jung waren, gings durch Deutschland, Österreich und die Schweiz; zusammen mit Popperklopper.

FdP: Was ist die wichtigste Textzeile, die ihr je geschrieben habt? Ad Nauseam: „Mach dir nichts aus Religionen, sei doch lieber dein eigener Herr!“

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Am Ende sind wir alle gleich…

Nille: Es folgten weitere Auftritte deutschlandweit und wir nahmen 1999 das Album „Am Ende sind wir alle gleich“ auf, das allerdings nie erschien. Die Band, die bisher davon gelebt hatte, dass sie ein eingeschworener Haufen Kumpels waren, begann, sich in alle Himmelsrichtungen zu verteilen.

Kadde, unser Trommler, wohnte wegen seines Studiums in Hannover, später in der Nähe von Heidelberg. Unser Gitarrist Thoddi ging erst nach Nordirland, später zog er zum Studieren in die USA. Bulli, unser Basser versuchte es zwischendurch in Spanien und Würzburg.

Kurzum, die Band kam immer weniger zusammen und konnte das Album nirgendwo vorstellen bzw. oft live spielen. So beschränkten sich die Auftritte in den frühen 2000ern auf wenige, meist größere Shows (Vorprogramm Venerea, Agnostic Front, UK Subs u.a.) Und alles verlief langsam im Sande. Eine neue Besetzung kam wegen der engen Verbundenheit untereinander nicht in Frage. So entschieden wir, einen klaren Schlussstrich zu ziehen und gaben im Juni 2004 im ausverkauften Bremer Wehrschloss das noch heute in der Stadt sagenumwobende Abschlusskonzert „Das letzte Geleit“.

Nille: Das war es dann gewesen, war allen klar, und das hielt auch viele Jahre stand und war für niemanden ein Thema. Wir gründeten Familien, machten berufliche Sachen, einige spielten in Bands oder gingen in die Tourbegleitung anderer Bands, bis Corona kam. Neben der vielen Zeit, die da auf einmal entstand, gingen merkwürdige Sachen in der Gesellschaft ab (Querdenker, Sturm aufs Capitol in den USA u.ä.). Das konnten wir nicht ändern, aber auch nicht unkommentiert lassen. Unser Medium uns mitzuteilen, war immer Mucke. Und so schrieben Thoddi und Nille (über die Entfernung Bremen-Tennessee) Stück für Stück. Zunächst ohne Intention; bis die Songs sich irgendwann zur eigenen Überraschung zu Albumlänge ausweiteten. Die beiden kontaktierten den Rest der Band, die bis dahin nichts davon wussten. Und ihr Vorschlag, Ad Nauseam wieder aufleben zu lassen, stieß auf Begeisterung.

Unser Schlagzeuger Kadde war 2018 verstorben. Also aktivierten wir die Bremer Punkrock-Trommellegende Matthias Kannemann, ein Kumpel aus Huchtinger Tagen, der das Album einspielte, sich aber aus privaten Gründen wieder aus der Band zurückzog. Dafür konnten wir dann Ballo gewinnen. Da unser Leadgitarrist in den USA lebt, brauchten wir für ihn auch einen Ersatz und konnten dafür Tim in die Band holen. Beide sind absolute Hauptgewinne. Seitdem sind wir zu Sechst. Und stellen fest, dass in unserem Alter die persönliche enge Verbundenheit gar nicht mehr so wichtig ist wie mit 17, auch wenn wir uns natürlich alle gut verstehen.

Die Band Ad Nauesam pieselt in einer Reihe gegen einen Zaun.

Aktuelle Besetzung:

Gesang – Nille (Gründungsmitglied), auch: Camelboy, Kommando Kap Hoorn

Leadgitarre – Tim (seit 2023)

Leadgitarre – Thoddi (Gründungsmitglied, wenn er da ist, spielt er mit)

Rhythmusgitarre – Ole (Gründungsmitglied), auch: President Evil

Bass – Bulli (seit 1994) auch: Rabiat Penetrant, Kommando Kap Hoorn

Schlagzeug – Ballo (seit 2023) auch: Rasta Knast, Inner Conflict u.a.

Ehemalige Mitglieder:

Kadde – Schlagzeug (eigentlich Gitarrist und für einen Großteil der Songs von 1992-2004 verantwortlich, 2018 verstorben)

Henning – Bass (1993) | l Lars – Leadgitarre (2000-2004) | Matthias – Schlagzeug (2021-2023)

Hast du noch Bock?

Ad Nauseam: Es ist schon ein recht politisches Album geworden, dass sich aus unserer eigenen Fassungslosigkeit generiert, was heute alles gesellschaftlich und politisch möglich ist. Ja, Dummheit und Faschos hat es immer schon gegeben, aber wir hätten uns vor 20 Jahren niemals vorstellen können, welche Ausmaße das annehmen kann. Das führt zum einen dazu, dass wir feststellen, dass unsere Songs aus den 90ern nichts an Aktualität eingebüßt haben, und zum anderen, dass wir irgendwie versuchen, diese enorm schnelle Abfolge von unfassbaren Ereignissen um uns herum zu verarbeiten.

FdP: Engagiert ihr Euch auch in diesem Themenbereich? Ad Nauseam: Immer wenn es um die Bekämpfung des wiederaufkeimenden Faschismus geht! Einige von uns sind da auch beruflich engagiert oder in sozialen Arbeitsfeldern unterwegs. Die Überschüsse aus unserem Abschiedskonzert damals haben wir für Opfer von Polizeigewalt beim G8 Gipfel in Genua gespendet.

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Die Songs – Starke Botschaften, Wütender Sound

Ad Nauseam: Die Zeiten sind wie sie sind und wir können nicht zur Tagesordnung übergehen. Wir sind ein ziemliches Stück älter und ein wenig reifer geworden. Die Spaß- und Partysongs der früheren Jahre (Der Papst ist Atheist, Vadder Alkohol u.a.) sind etwas verschwunden. Wir setzen uns mit dem widerlichen Rechtsruck in der Gesellschaft auseinander (Gegenwind, Nicht verboten, Systemfehler) aber auch mit den neuen Phänomenen der offen ausgesprochenen Lüge (Bis Sie stirbt). Songs die wir gerne spielen und auch live gut funktionieren, sind Neue Religionen, (es geht um soziale Medien), um Polizeigewalt (Asthenopie) und den Ukraine-Krieg (Faustrecht). Die nicht politischen Songs behandeln ein bisschen aus biographischer Sicht das Älterwerden und von uns erlebte Alltagsphänomene (Edvard schreit). Im sehr persönlichen Titelsong „Hast du noch Bock“ wird eine erlebte Lebenskrise verarbeitet. Und schließlich haben wir mit „28259“ versucht, eine Hommage an unsere biographischen Wurzeln zu schreiben: Das Aufwachsen in Huchting, einem sogenannten sozialen Brennpunkt an Bremens Stadtrand.

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„Ich lebe noch“ als Alltagsziel, weiter wurde nicht gedacht

Der Moment war der Horizont und niemals was verpasst

Bis das Leben eigene Wege ging, es trifft alle irgendwann

Manche haben Glück gehabt, andere waren eben dran

Hast du noch Bock?

Hast du noch Lust was zu bewegen, Hast du noch Bock?

Siehst du noch Sinn in deinem Leben, hast du noch etwas Energie

Hast du noch Bock?

Kannst du dich noch motivieren, willst du noch etwas inszenieren?

Wollen wir noch was zusammen erleben, Hast du noch Bock?"

Ausgefragt

Wenn schon der Bandname ne Steilvorlage ist, dann ist klar, was wir zu tun haben. Wir fragen „AD NAUSEAM“!! 😉 Aber davon ließ Nille sich nicht beeindrucken. Ganz im Gegenteil, Sänger Nille hat unsere Fragen sehr ausführlich beantwortet, dafür danken wir ganz herzlich. (Anm. „Ad Nauseam lässt sich mit „bis zum Erbrechen“ übersetzen..)

FdP: Wie nehmt ihr die Entwicklung von Punk in den letzten Jahren wahr? Ad Nauseam: Wir waren ja nun ein paar Jahre raus aus der „Szene“ und daher nicht mehr unbedingt am Puls des Punkepizentrums, allein schon altersbedingt. Es scheint aber zumindest für junge Bands noch schwieriger zu sein, als es damals bei uns schon war, einen Fuß in die Tür zu bekommen oder sich irgendwie ein wenig bekannt zu machen. Trotz Sozialer Medien und den gefühlt vielen Möglichkeiten, sich zu präsentieren. Diese riesige Auswahl scheint eher dazu zu führen, den Überblick zu verlieren. Auf der anderen Seiten gibt es wesentlich weniger Möglichkeiten, live aufzutreten. Wir haben in den 90ern noch die Freizi-Tournee gemacht; die meisten sind heute geschlossen. Dazu ist es ungleich teurer geworden, irgendwie mal loszufahren und aus dem eigenen Umkreis herauszukommen. Es braucht also heute mehr denn je gute Vernetzung und Kontakte, die junge Nachwuchsbands eben noch nicht haben. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.

FdP: Erinnert ihr Euch noch an den ersten Auftritt? Ad Nauseam: Der war in einem selbstverwalteten Jugendzentrum in Bremen-Grolland, dem legendären „Raum“. Am häufigsten haben wir im „Alten Ortsamt“ in unserem Heimatstadtteil Huchting gespielt. Dort probten wir unten im Keller, oben gabs freitags Konzerte. Wenn da eine Band ausfiel, verlegten wir einfach unsere Probe nach oben auf die Bühne.

In den frühen Jahren kam es schon mal vor, dass wir dem Alkohol vor den Shows im Übermaße zusprachen, was dazu führte, dass so mancher Auftritt ziemlich in die Hose ging. Unser Sänger lag mal während eines Gigs im Bremer „Freiraum“ völlig hacke im Schlagzeug und kam da nicht mehr alleine raus. Ein Gig in Wildeshausen wurde wegen ihm abgebrochen – ging nicht mehr. Aber auch auf der Tour mit Popperklopper gab es einige legendäre Nächte…

FdP: Was waren die härtesten Reisen zu den Gigs? Ad Nauseam: Die längste Anreise war zu den Gigs in der Schweiz, das war für uns damals gefühlt so weit weg wie New York. In den 90ern hatten wir einen alten T3-Bulli, der mehr Öl als Benzin verbrauchte und nicht schneller als 110 km/h fuhr. In den Kasseler Bergen kroch der noch mit 30 die Berge hoch. Dazu kam, dass das Straßennetz noch nicht so ausgebaut war wie heute. Wenn wir nach Rostock fuhren, gab es keine A 20. Dann quälte man sich mit dem T3-Bus hinter den Treckern über die Landstraßen, überholen fiel mangels Beschleunigung aus. Dann konnte so eine Fahrt schon mal 7 Stunden dauern, wir mussten ja auch ständig pinkeln.

Die legendärste Fahrt ereignete sich auf Tournee; wir hatten einen Off-Day. Daher fuhren wir von Neubrandenburg nach Hannover, in die Wohnung unseres Trommlers. Auf der anstrengenden Fahrt, die ganze A2 war eine einzige Dauerbaustelle, entwickelten wir einen enormen Durst, was zu völlig chaotischen Szenen führte. Auf diversen Rastplätzen, im Bus und auch im Stau auf der Autobahn. Irgendjemand von uns saß dann auch mal auf einem der Bagger in der Baustelle…. Die Fahrten waren ein wichtiger Teil des Spaßes, wir fackelten da nicht lange und machten schon die Anreise zu einem Event. Nicht selten mit der Folge, dass, am  Venue angekommen, ein recht bedauernswerter Haufen ziemlich orientierungslos noch versuchte, irgendeinen Gig zu spielen.

FdP: Lass uns noch kurz nach vorn schauen. Ist das nächste Album schon in Sicht? Ad Nauseam: Wir arbeiten tatsächlich an einer neuen Platte, für die wir uns die Rosinen aus dem unveröffentlichten Album von 1999 herauspicken und ein wenig updaten. Er wird aber auch brandneue Songs beinhalten. Wobei – die unveröffentlichten Songs von ´99 sind ja quasi auch brandneu für alle außerhalb der Band. Wir spielen auch noch ein paar Live-Gigs dieses Jahr.

Tourdaten:

14.06.2025 Bremen „Karo“ mit Toxoplasma (bereits ausverkauft)

20.06.2025 Peine „Garage“ Höhnie Open-Air mit Nebenwirkung u.a.

04.07.2025 Zwickau „Störfaktor-Festival“ mit Rawside, Agrotoxico, Fahnenflucht, VSK u.a.

07.11.2025 Osnabrück mit Lost Lyrics

08.11.2025 Düsseldorf AK 47 mit Lost Lyrics

Kontakt, Label & Merch:

Kontakt: adnauseampunkrock@gmail.com

Musik/Merch: https://adnauseampunkrock.bandcamp.com

Label:  Fuego Records

Website, Social Media & Stream:

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