Logo von Freunde des Punk. Ein Totenkopf mit grünem Iro, von Stacheldraht umrandet

Verkauf Musique

Ihren Stil bezeichnen sie als Ostpunk. Sie sind die einzige Band in Tschechien, die diesen Stil spielt – das macht Verkauf Musique zur besten tschechischen Ostpunk-Band. Vorhang auf und Bühne frei für eine großartige Combo aus Prag!

SATIRE, HUMOR, ENERGIE, LAUTSTÄRKE

Verkauf Musique wurde 2001 von zwei Kommilitonen der juristischen Fakultät der Karls-Universität in Prag gegründet: Jan Ondřej, der bis heute Frontmann der Band ist, und Jiří Šimeček, Schlagzeuger der New-Wave-Band Toyen, die u.a. mit Depeche Mode auftrat und mehrfach in der USA tourte, wo sie wiederholt im legendären CBGB-Club spielte.

Die Auftritte fanden in intimen Räumen statt und waren von starken visuellen Projektionen begleitet, kombiniert mit avantgardistischer Musik und Performance-Kunst. Erst einige Jahre später stieß Jiří Charypar als Gitarrist dazu – er ist bis heute Teil der Band. In dieser Konstellation erschien 2010 das Debütalbum „Sein Leben“.

Der Name der Band setzt sich zusammen aus dem deutschen Wort „Verkauf“, das auf die Neue Deutsche Welle und den Deutschpunk der 80er Jahre verweist und dem französischen „Musique“, das (wir geben es zu) vom gleichnamigen Album von Roxy Music aus dem Jahr 1983 übernommen wurde. Es verweist ebenfalls auf die avantgardistische Szene der 80er Jahre, die auch in Frankreich sehr ausgeprägt war.

Der Stil zeichnet sich durch prägnante, schlagwortartige Texte aus, in denen sich oft eine tiefgründige, aber auch unterhaltsame Pointe verbirgt. Manche Songs bestehen dabei nur aus wenigen Worten – z.B. „Machen“, dessen Text einfach lautet: „Machen – Kaufen – Konsum“.

Die BESETZUNG:

Jan Ondřej – Gesang und Gitarre. Der Frontmann widmet sich ausschließlich dem Ostpunk und ist dem Verkauf seit 25 Jahren treu. Er ist außerdem der Autor aller Texte.

Seit 2008 spielt Jiří Charypar Gitarre und hat das musikalische Arrangement der Band stark geprägt. Seine früheren Bands „Máma Bubo“ und „Babalet“ waren sehr beliebt und seine aktuelle Reggae-Band Švihadlo ist den ganzen Sommer über auf Tourneen unterwegs.

Im Jahr 2015 ist Matěj Machart als Schlagzeuger zur Band gestoßen; er war fünfzehn Jahre lang in einer Coverband aktiv, hatte eine eigene instrumentale Progressive-Stoner-Band und hat aktuell nebenbei noch eine Pop-Rock-Band.

Seit 2019 spielt Petr Novák am Bass. Er hat auch in mehreren Bands gespielt und von seiner letzten Band haben wir ihn zu Verkauf Musique geholt.

Matěj verrät mir, wie er zur Band kam: „2015 war ich Student von Professor Jan Ondřej an der Wirtschaftshochschule in Prag und besuchte damals häufig Konzerte von Verkauf Musique. Eines Tages, kurz vor meinen Abschlussprüfungen, rief mich Jans Sekretärin an und fragte, ob ich für einen ausgefallenen Schlagzeuger bei einem Konzert einspringen könnte. Als Student, kurz vor den Prüfungen und mit dem Wissen, dass Jan Ondřej in der Prüfungskommission sitzen würde, konnte ich dieses Angebot nicht ablehnen. Long story short – aus dem Aushilfsjob wurde eine feste Verpflichtung, und im Laufe der Zeit habe ich auch die Organisation in der Band übernommen. Vor knapp vier Wochen habe ich auf einem unserer Konzerte (genau am Tag) mein zehnjähriges Jubiläum mit Verkauf Musique gefeiert.

Ende 2024 ist das Album „Trabi Katastrophe“ erschienen. Es enthält sechs Songs mit einer Gesamtlaufzeit von 12 Minuten! Das Musikmagazin Headliner bezeichnete das Album als die „verrückteste Aufnahme des Jahres“. Matěj: „In der Rezension wurde als unsere größte Schwäche genannt, dass wir viel zu gute Musiker sind – wir versuchen zwar, absichtlich schlecht zu spielen, so wie es im Ostpunk sein soll, aber es gelingt uns einfach nicht. Darauf sind wir natürlich stolz und fanden das äußerst amüsant!“

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„Ich möchte auch die physische Veröffentlichung des Albums erwähnen. Es ist natürlich auf CD erschienen, aber auch als „unser einzigartiger Verkauf Box“. Das ist eine Box, die einen USB-Stick mit dem Album in hoher Qualität und MP3 enthält, dazu sämtliche Grafiken, Buttons, Aufkleber und andere Merch-Artikel. So haben wir auch unser vorheriges Album „Die Speisekarte“ veröffentlicht. Das ist unsere eigene Erfindung – wir haben so etwas bei keiner anderen Band gesehen, und unsere Fans sind davon begeistert. Für „Trabi Katastrophe“ mussten wir sogar noch weitere Verkauf Boxen nachproduzieren. Was unseren Merch angeht, haben wir noch viele weitere originelle Stücke!“

Ausgefragt!

Ich bin sicher, alle Leser*Innen haben jetzt 12 Minuten Musique hinter sich! Nun ist es an der Zeit, die Band noch etwas genauer kennen zu lernen. Vielen Dank, lieber Matěj, dass du uns so ausführliche Antworten zur Verfügung gestellt hast.

FdP: Gibt es einen roten Faden, der sich durch die Stücke zieht? Matěj: Natürlich! Wir nennen unseren Stil Ostpunk nicht nur, weil unsere Texte auf Deutsch sind, sondern vor allem wegen der tiefen Inspiration aus der ehemaligen DDR. Das ist eindeutig das Hauptthema unserer Musik. Ich wiederhole, es geht vor allem um Satire und Themen, die wir oft mit einem Augenzwinkern behandeln, aber natürlich können wir auch ernst sein – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Das kann zum Beispiel das Symbol der DDR im Song „Trabi Katastrophe“ sein, einen kleinen Seitenhieb im Song „An-Merkel“ oder „Zimmer frei“, aber auch ernstere Themen wie in „Reminiscence 39“.

Die Texte sind in unserer Musik wirklich zentral, trotz ihres spielerischen Umgangs. Das zeigt sich besonders beim deutschen Publikum, wie wir festgestellt haben, denn in Tschechien sprechen nicht so viele Leute Deutsch – und schon gar nicht auf einem Niveau, um die Pointen und den grammatikalischen Freestyle unserer Texte zu schätzen. Ich möchte zum Beispiel den Reim zu „Zimmer frei“ hervorheben:

Weiße Farbe – gelbe Farbe
Welche Farbe – keine Farbe

DIE FARBEN!

Mein Zimmer ist schmutzig
Aber ist frei!

ZIMMER FREI


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FdP: An welche Auftritte erinnert ihr Euch gerne? Matěj: Das Gründungsduo, Jan und Jiří kehrte zweimal zur ursprünglichen Performance-Form zurück. Einmal traten sie in der Motorenhalle in Dresden auf – anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Mauerfalls. Für das Publikum war es ein ziemlicher Schock. Anfangs wussten viele nicht, wie sie das einordnen sollten – doch etwa ab der Hälfte der Show brach lauter Applaus aus. Vor allem, als sich der damals rund sechzigjährige Jiří plötzlich auszog – komplett. Das hat nicht nur Jan ziemlich aus dem Konzept gebracht, auch das Publikum.

Das zweite Mal führten wir die Performance zum 20-jährigen Bandjubiläum auf. Wir veranstalteten eine große Feier an Bord des Schiffs Kamina in Prag. Wieder war die Resonanz beim Publikum riesig. Danach traten viele ehemalige Mitglieder von Verkauf Musique auf – jede Formation spielte Songs aus ihrer jeweiligen Bandphase. Den Abschluss bildete das Konzert der aktuellen Besetzung und die Taufe unseres Albums „Die Speisekarte“, das auf Vinyl erschien und erst unser zweites offizielles Studioalbum nach „Sein Leben“ war. Dieser Abend war ganz klar einer der besten Momente der Bandgeschichte.

FdP: Welche Rolle spielt David Bowie für Euch? Matěj: Auch wenn jeder von uns einen etwas anderen Musikgeschmack hat, verbindet uns alle vier ganz klar seine Musik – sie hat unsere Band maßgeblich beeinflusst und tut es noch immer. Und nicht nur das: David Bowie ist auch der Schutzpatron unseres Proberaums, in dem ein großes Foto von ihm über uns wacht! In unserem Proberaum treffen wir uns regelmäßig – als große Fans und Sammler von Vinylplatten veranstalten wir Band-Abende mit gemeinsamen Hörsessions. Mal spontan, mal thematisch – jeder bringt ein paar Alben mit, die wir dann die ganze Nacht anhören und diskutieren. So festigen wir unseren musikalischen Stil, entdecken neue Musik – und aus diesen Abenden ziehen wir immer wieder Inspiration für unsere Arbeit mit Verkauf Musique. Ein konkretes Beispiel: In unserem Repertoire gibt es auch ein Cover – allerdings stark im Ostpunk-Stil. Wir haben die deutsche Version von „Heroes“ gecovert, also „Helden“ von David Bowie. Wir fragen uns manchmal, ob Bowie das Stück überhaupt wiedererkennen würde, wenn er es hören könnte.

FdP: Was war die härteste Anreise zu einer Show? Matěj: Die Anreisen zu unseren Konzerten sind meistens recht zivilisiert – der Heimweg ist da schon eher das Problem. Da wir alle große Fans von erfrischenden Getränken sind (siehe unser Song Bier und Schnaps), möchte nach dem Konzert natürlich niemand mehr fahren. Inzwischen kennen uns fast alle Taxifahrer in Prag – und einige sind sogar zu echten Fans geworden! Wenn wir weiter raus müssen, bleibt es leider nicht aus, dass einer nüchtern bleibt und fährt – und damit geht dann auch ein bisschen vom kollektiven Zauber des Abends verloren. Aber das holen wir später nach: Statt einer Probe gehen wir dann einfach mal gemeinsam in die Kneipe auf ein Bier.

FdP: Matej, du hast anfangs gesagt, die aktuellste Besetzung ist die konstanteste. Warum siehst du das so? Matěj: Bei einem für uns besonderem und wichtigen Konzert im August – beim größten Trabant-Treffen Tschechiens, kann unser Gitarrist Jirka nicht dabei sein, weil er mit Švihadlo auf einem großen Festival spielt. Wir haben einen befreundeten Musiker gefragt, ob er einspringt. Er hat unsere letzten beiden Alben produziert und als Einziger den „Verkauf-Spirit“ wirklich verstanden. Er sagte nur: „Verkauf kann man nicht einfach spielen – das muss man erleben!“

Jemanden auch nur für ein einziges Konzert zu ersetzen, ist also extrem schwierig – und das Ergebnis ist nie dasselbe, wie wenn wir alle gemeinsam auf der Bühne stehen. Unsere Band trifft sich oft – wir hören zusammen Musik, gehen auf Konzerte, trinken Bier – kurz gesagt: Wir sind wirklich auch privat miteinander verbunden. Und genau das merkt man auf der Bühne. Wir bekommen oft Rückmeldungen vom Publikum, dass unsere Energie sie regelrecht überrollt. Und das, obwohl unser Frontmann und unser Gitarrist beide schon über 65 Jahre alt sind!

FdP: Wie nehmt ihr die aktuelle Entwicklung der Szene wahr? Matěj: Die Punk-Szene in Tschechien ist nach wie vor ziemlich stark. Viele junge Leute gründen neue Bands und leben für den Punk – das freut uns natürlich sehr. Weniger Freude haben wir allerdings an der Situation der Clubs. Seit Corona sind die Besucherzahlen stark eingebrochen, viele Clubs mussten schließen. Dazu kommt das Clubsterben in den Städten aus einem anderen Grund. Wie so oft: Nachbarn. Wenn sich ein einziger Mensch dauerhaft bei Polizei oder Ämtern über Lärm beschwert – kann das in Tschechien schon reichen, um einen Club zur Aufgabe zu zwingen. Auch wir haben bereits bei mehreren (!) Club-Schließungen gespielt – was wirklich alarmierend ist. Aus genau diesen Erfahrungen ist unser Song „Korrekt Zeit“ entstanden. Wir versuchen, die Clubs so gut wie möglich zu unterstützen – und auch öffentlich über die prekäre Situation der Clubszene aufzuklären.

FdP: Lass uns noch einen Blick in die Zukunft werfen. Was steht an, Festivals, Tour, Konzis? Matěj: Zurzeit touren wir mit unserem neuen Album Trabi Katastrophe, unser Konzertplan reicht bereits bis Februar nächsten Jahres – aber da würde auf jeden Fall noch einiges reinpassen! Unsere Priorität liegt darauf, in die deutsche Szene vorzudringen, vor allem in Ostdeutschland. Kürzlich haben wir sogar eine Band-Dienstreise nach Dresden unternommen, um Promoter*innen, Clubs und die Dresdner Szene kennenzulernen. Als großen Erfolg werten wir es, dass unser LP-Album Die Speisekarte mittlerweile in allen Dresdner Plattenläden erhältlich ist.

Kontakt, Merch, Label:

Kontakt für Bandanfragen: verkaufmusique@email.cz

Musik/Merch: Erhältlich bei verkauf.bandcamp.com oder direkt auf den Konzerten

Label / Produzent:  Selfmade

Social Media & Stream:

Infos & Bildrechte: Verkauf Musique

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