Kai und Funky von Ton Steine Scherben Feat. Birte Volta – im Riders Cafe Lübeck

An diesem windigen Donnerstag, den 10ten Oktober verschlägt es meine Mutter und mich erneut ins Industriegebiet von Lübeck. Dieses Mal für eine absolute Kultband.

Die Musik von Ton Steine Scherben begleitet mich nun schon seit einiger Zeit. Entdeckt habe ich sie durch ein Cover des Songs Der Traum ist aus von Swiss und die Andern im Jahre 2015.

Danach habe ich mir alles angehört, was es so an Alben von den Scherben gibt. Angefangen von Songs wie Der Kampf geht weiter, Macht Kaputt was euch kaputt macht“ vom Album „Warum geht es mir so dreckig“, bis hin zu Der Turm Stürzt ein vom Album „Vier“.

Inzwischen besitze ich alle Ton Steine Scherben Platten und finde, die meistens Songs haben bis heute nichts von ihrer Aktualität und Aussagekraft verloren. Sehr empfehlenswert ist übrigens auch die Biographie von Rio Reiser „König von Deutschland„. In dieser wird die Ton Steine Scherben– und Hausbesetzer-Zeit sehr eindringlich, aber auch durchaus mit Humor beschrieben.

Ich kenne einige Scherben-Fans, die sich nicht vorstellen können, wie so ein Konzert ohne Rio Reiser funktionieren soll. Leider durfte ich Rio zu Lebzeiten nicht mehr live erleben, was ich wirklich sehr schade finde.

Allerding habe ich nun diese Kombination aus dem Band Urgesteinen Kai (am Bass) & Funky (ehemals Drummer, jetzt Cajón und Percussion) mit anderem Sänger (bzw. hier anderen Sängerin) nun schon seid einige Jahren (bzw. Konzerten) verfolgen dürfen. Einige Jahre hatten sie als Sänger den Nürnberger Gymmick am Start. In dieser Variante von Ton Steine Scherben durfte ich in Locations wie dem Logo in Hamburg oder eben den Riders Cafe in Lübeck sehr viel gute Konzerte erleben. Gymmick hat seine eigene Note eingebracht, ohne die alten Songs in irgendeiner Form zu verraten. Zudem war er stimmlich durchaus dicht an Rio dran und hat die Songs mit viel Herz rübergebracht. Daher war es schade von seinem Ausstieg zu hören.

Als Ersatz wurde nun Birte Volta vorgestellt. Laut Homepage der Scherben eine Sängerin mit „langjähriger Straßen- und Bühnenerfahrung“ – entsprechend gespannt durfte man sein.

Leider ist der Club alles andere als ausverkauft. Aber man merkt sofort, dass die Leute die da sind wirklich Lust auf die Band haben.

Gegen Kurz nach 20 Uhr betreten die 3 zuvor beschriebenen Scherben mit einem Lächeln auf dem Lippen die Bühne.

Bereits als zweites Lied spielen sie Der Traum ist aus. Birte hat den Laden mit ihrer tollen (Berliner) Stimme und Aura sofort fest in der Hand. Das erinnert sowohl stimmlich, als auch von der ganzen Attitude her schon sehr an Rio und auch auf ihrer Gitarre spielt sie sehr gut. Man traut sich irgendwie gar nicht so recht mitzusingen.
Das Set besteht größtenteils aus Scherben Songs, aber auch aus Rio Solo Songs. Als letzten Song vor der Pause gibt es eine wunderbare Version von Halt dich an deiner Liebe fest.

Nach der Pause geht es munter weiter. Es zeigt sich, dass Birte auch eher unbekanntere Songs wie Jenseits von Eden sehr gut und authentisch rüber bringen kann. Später kommen natürlich auch noch die weiteren Klassiker wie Wir müssen hier raus, Macht Kaputt was euch kaputt macht, Rauch-Haus-Song oder Der Turm stürzt ein.

Als letzte Zugabe gibt es am Ende, nach ca. 2 Stunden reiner Spielzeit, noch Junimond. Vielleicht neben König von Deutschland, der an diesem Tag leider nicht gespielt wird, der populärste Solo Song von Rio.

Fazit:

Birte Volta bringt absolut frischen Wind in die Band. Für meinen Begriff orientiert sie sich noch etwas mehr an den original Songs als ihr Vorgänger und das zu Recht. Neben der erwähnten Stimme ist ihr gesamtes Auftreten und ihre ganze Gestik einfach wie die weibliche Version von Rio. Da passt für meinen Geschmack wirklich alles.

Zu Kai und Funky kann man nur sagen: Schön das ihr noch da seid und diese legendären Songs voller Empathie, Rebellion und noch immer ungebrochen großer Aktualität nicht sterben lasst.

Man fühlt sich am Ende von diesem Abend wie nach der Umarmung von einen guten Freund. Dieses Gefühl der Ohnmacht – verursacht durch all die Grausamkeiten, die heute wie damals in der Welt tagtäglich passieren – wird einen kurzen Moment etwas erträglicher. Man weiß einfach, wenn man sich die Band und das Publikum anschaut, man ist nicht allein. Es gibt zum Glück Leute, die versuchen etwas gegen die Ohnmacht zu tun und nicht mit tauben Ohren durch die Welt laufen.

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