Logo von Freunde des Punk. Ein Totenkopf mit grünem Iro, von Stacheldraht umrandet

In Schwerer See

Die fünf Jungs von IN SCHWERER SEE sind aufgebrochen, um Gründe für Zuversicht in einer trostlos anmutenden Welt
zu suchen. Das gelingt der Combo mit ihrem mitreißenden Melodic Hardcore-Sound und emotionalen, aussagekräftigen Texten.

Der Herzanker führt mich anfangs ganz schön in die Irre. Wir schippern nämlich heute nicht gemeinsam auf den 7 Weltmeeren rum, sondern am schönen Rhein. Genauer gesagt, die 5 Jungs kommen aus Rastatt in Baden-Württemberg. Vielleicht kennt ihr das Kulturzentrum Art Canrobert, mit dem die Mitglieder von IN SCHWERER SEE eng verbunden sind.

Wut, Kraft, Zuversicht, Lärmexpositionspegel

Im Herbst 2022 hat Drummer Sebi nach langer Abstinenz und nicht ohne Mitwirkung seiner Freundin Joanna zu seinen Trommeln zurückgefunden. Einige Jamsessions mit seinem Stiefsohn Mati später haben die beiden beschlossen, ein neues Projekt zu starten. Gemeinsam mit zwei alten Freunden: Michael, mit dem Sebi bei Kaishakunin gespielt hatte und Ingo, einem der Gitarristen seiner anderen Band Nocomply. Sänger Stefan ist seit Mai 2023 dabei. Der Bandname IN SCHWERER SEE stand zu dem Zeitpunkt schon im Raum und hat sich dann verfestigt. Das Bild passte einfach zum inhaltlichen Grundgedanken gegen Widrigkeiten anzukämpfen und sie zu überwinden.

BesEtzung:

Michael – Gitarre, ehemals Kaishakunin, The Crane
Sebi – Drums, ehemals Nocomply, Kaishakunin, The Crane
Ingo – Gitarre, ehemals Nocomply
Stefan – Geschrei, auch Strawberry Corn
Chris – Bass, ehemals Aengst, Final Nail

Auf dem Bandfoto ist noch Gründungsmitglied Mati zu sehen – und auch auf der EP zu hören. Er ist aber mittlerweile zum Studieren nach Berlin gezogen. Seit März 2025 ist Chris der Mann am Bass.

Zum Thema „musikalische Einflüsse“ erzählt mir Stefan: „Defeater, Have Heart, Modern Life Is War und dergleichen sind so Bands, auf die wir uns alle einigen können. Wir sind große Musikfans. Darum müssen wir uns jetzt ein wenig zurückhalten, bevor wir anfangen, eine nicht endende Liste zu verfassen. Politisches Zeitgeschehen, alte Bands, neue Bands, Filme, Bücher und natürlich private Lebensereignisse fließen in unsere Musik. Was uns bewegt, wird mal mehr, mal weniger bewusst verarbeitet.

Das führt dann auch mal dazu, dass Leute Vergleiche ziehen, mit denen man so gar nicht rechnet. Als Neo Crust wurden wir schon mehr als einmal eingeordnet. Das fand ich zwar nicht allzu naheliegend; aber warum nicht? Habe aber den Verdacht, dass das an meiner Frisur liegt.“

Die Debüt – EP

Ende 2024 haben IN SCHWERER SEE mit Unterstützung der Labels Krachige Platten und iwishicouldstay. eine EP mit drei Songs veröffentlicht. Live eingespielt im RAMA Tonstudio zu Mannheim bei Jens Siefert. Sehr geil finde ich persönlich das Textblatt mit Bastelanleitung für ein „Schiff“ auf der Rückseite.

Neben „Konventionen“ und „Mahlstrom“ ist das Baby der Band der Song „Ideale“. Das war der erste Song, bei dem alle sicher waren, dass der auf jeden Fall auf die EP sollte.

Stefan: Das ist aber schwer zu sagen, weil wir alle unsere Kinder lieben und jeder seine eigenen Präferenzen hat. Der Song „Ideale“ verhandelt die weit verbreitete Annahme, dass Idealismus etwas ist, das sich allein als jugendliche Naivität abtun lässt. – Und der Zynismus, der einem allenthalben entgegenschlägt, wenn man etwas zum Positiven verändern möchte – man sich z.B. die Frechheit erlaubt, ein gutes Leben für alle gegenwärtig und zukünftig lebenden Menschen zu fordern – irgendetwas mit Weisheit des Alters zu tun hat. Das ist natürlich Quatsch.


„Das ist der Lauf der Welt, den niemand je aufhält.
Weil jeder das erzählt. Bis du es glaubst.“
(Aus „Ideale“)

Stefan: Es gibt einen Grundsatz, den wir beherzigen: Egal wie trostlos der Gegenstand des Songs ist, es muss einen Ausweg oder zumindest einen Hoffnungsschimmer geben. Wir verweigern uns keineswegs der  Realität, wollen aber, dass  am Ende etwas Positives steht. Probleme ansprechen auf jeden Fall – aber konstruktiv. Gibt ja genug, was gerade gesamtgesellschaftlich scheiße läuft.

FdP: Was ist die wichtigste Textzeile, die ihr bisher geschrieben habt? Stefan: Das sollen adere entscheiden; das kann ja sehr subjektiv sein. Aber natürlich hoffen wir, dass alle, die unsere Musik hören, auch etwas darin finden, das ihnen etwas bedeutet.

Ausgefragt!

Der Begriff IN SCHWERER SEE wird also metaphorisch verwendet, um eine herausfordernde Situation zu beschreiben. Was uns zu den obligatorischen Fragen führt. 😉 Stefan hat für uns die Antworten von allen Bandmitgliedern zusammenfasst. Vielen Dank an dieser Stelle für Eure Mühe!

FdP: Wie seid ihr zum Punk gekommen?  Stefan: Als ich in die Runde gefragt habe, habe ich sehr ähnliche Antworten bekommen: Punk hatte einfach eine gewisse Anziehung, man konnte sich gemeinsam mit Freund:innen für die Musik begeistern. Der Weg zum selber Musik machen war nicht weit, weil der DIY-Gedanke einfach ein herrlich niedrigschwelliges Angebot ist. Für ein paar von uns hat Skaten auch eine große Rolle gespielt. Sebi, Michael und Ingo gehören ja quasi zur Gründer:innengeneration des Art Canrobert. Ich bin ein wenig jünger und für mich war der Eintritt in den Verein dann ein totaler Katalysator. Ich hatte zwar schon mit 9 anhand einer Ärzte Kassette meine Liebe zum Punk – oder was das eben damals für mich war – entdeckt, hatte aber in meinem Heimatkaff praktisch bis zum Abitur keine Szene-Anbindung. Das änderte sich dann schlagartig und die Strukturen haben mich bis heute nicht losgelassen. Keine sonderlich wilde Geschichte, aber absolut der Grund, weshalb ich finde, dass solche Freiräume total wichtig sind und um jeden Preis am Leben erhalten werden müssen.

FdP: Erzählst du uns eine Geschichte über einen Eurer Auftritte? 😉Stefan: Es sind ja meist die miesen Gigs, die zur Anekdote taugen. Da sind wir zum Glück bislang weitestgehend verschont geblieben. Es gibt aber eine witzige Geschichte aus Konstanz, über die wir in einem anderen Zusammenhang schon mal öffentlich gesprochen haben. Wer jetzt neugierig ist, wird aber recherchieren müssen! 😉

Unser erster Auftritt war aber auf jeden Fall etwas Besonderes. Ich war in der völlichst relaxten Doppelrolle als Veranstalter und „Künstler“. Schon im Vorfeld hatte ich einen Mordsstress, weil zu dem Zeitpunkt die Räumlichkeiten des Art Canrobert saniert wurden. Und kurz vor dem Gig die Überraschung – es gab zwar Toiletten, da waren aber keine Kabinen drum. Es wäre also ein recht „geselliges Beisammensein“ geworden, und unser Publikum bestand größtenteils aus Freund:innen… Aber nein, ging so nicht – es musste spontan Klowagen her. Außerdem war es August und absurd heiß und es war Matis erster Auftritt jemals. Für alle anderen wars der Gig erste seit sehr langer Zeit und für mich die Premiere am Mikrofon. Jeder hatte also mehrere Gründe, mal so richtig zu schwitzen. Aber wir haben auch die Bühne ausschließlich mit Freund:innen geteilt (I Saw Daylight und Petricore) und das Publikum hat sich richtig mit uns gefreut, sodass die Aufregung in Nullkommanichts verpufft ist. Der Abend war für alle Beteiligten eine richtig schöne Erfahrung, an die wir gern denken. Das Art Canrobert ist bis heute unser „Wohnzimmer“, dort wird geprobt und ich veranstalte gelegentlich Konzerte.

FdP: Wer ist aus eurer Crewfamilie nicht wegzudenken? Stefan: Da ist der großartige Florian Proft aka. Moshpit Motions, der seit unserer ersten Show immer wieder am Start ist und fantastische Fotos schießt. Auf denen sehen wir wirklich viel cooler aus, als wir eigentlich sind. Und dann natürlich Yvonne, die ihr bei den meisten Shows am Merchstand antreffen könnt. Sie gibt uns immer sehr ehrliches Feedback – manche würden sagen, es sei schonungslos. Das ist aber etwas, das wir durchaus zu schätzen wissen, denn sie hat die meisten IN SCHWERER SEE Shows gesehen.

FdP: Wie nehmt ihr die Entwicklung der Szene wahr? Stefan: Das mag jetzt aus dem Mund von fünf mittelalten weißen Cis-Typen etwas sonderbar klingen. Aber es ist schön zu sehen, dass die Szene diverser wird. Zwischenzeitlich konnte man ja schon den Eindruck bekommen, dass Punk, Hardcore und DIY-Kultur gerade für jüngere Menschen kaum noch relevant sind. Dass jetzt aber zunehmend Flinta*-Personen und Menschen mit Migrationsgeschichte auf der Bühne stehen und auch deutlich jüngere Leute Bands gründen und sich in Freiräumen engagieren, stimmt zuversichtlich.

FdP: Stefan, lass uns noch einen kurzen Blick in die Zukunft werfen. Stefan: Als nächstes steht an Terminen fest:

06.07.25 – Karlsruhe, Alte Hackerei, mit School Drugs
09.07.25 – München, Backstage mit Evergreen Terrace & WIC

Unser Debütalbum ist gerade in der Mache und kommt Ende 2025 / Anfang 2026 raus. Zum Album können wir soviel sagen: Es hält, was die EP verspricht – hat aber auch Facetten, die auf unserem Erstlingswerk noch nicht präsent sind. Wir freuen uns sehr auf die Veröffentlichung und sind gespannt darauf, wie es wohl wird, wenn es Menschen im Publikum gibt, die die Texte kennen. Denn gerade gibt es natürlich am meisten Interaktion, wenn wir die Stücke von der EP spielen.

Wer da nichts verpassen möchte, folgt uns am besten auf Instagram oder so *hüstel*.

Kontakt, Merch, Musik, Label:

E-Mail: inschwerersee@web.de

https://www.iwishicouldstay.com/categories/in-schwerer-see
https://provinzpostille.bandcamp.com/album/in-schwerer-see-in-schwerer-see


Label: Krachige Platten (Vinyl & Tape) | iwishicouldstay. (Digital)

Social Media & Stream:



Bilder: ©Florian Proft @moshpitmotions, ©Stefan Gillen @ocvlvs_design

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